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7. Internationale Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi) und 1. Konferenz zur pädagogischen Arbeit im Hebammenstudium (HEBA-Päd)

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e. V.
Deutscher Hebammenverband e. V.

08.02. - 10.02.2024, Berlin

Befragung von Fachpersonen zu Zweitmeinungen bei der Indikation zum elektiven Kaiserschnitt

Meeting Abstract

  • corresponding author Anke Kaulbert - Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM), Universität Witten/Herdecke, Deutschland
  • Nadja Könsgen - Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM), Universität Witten/Herdecke, Deutschland
  • Dawid Pieper - Institut für Versorgungs- und Gesundheitssystemforschung, Medizinische Hochschule Brandenburg, Neuruppin, Deutschland
  • Katja Stahl - Universität zu Lübeck, Deutschland
  • Sven Schiermeier - Lehrstuhl für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universität Witten/Herdecke, Deutschland
  • Barbara Prediger - Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM), Universität Witten/Herdecke, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft. 7. Internationale Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi), Heba-Päd – 1. Konferenz zur pädagogischen Arbeit im Hebammenstudium der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi) und des Deutschen Hebammenverbands (DHV). Berlin, 08.-10.02.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocIK-V09

doi: 10.3205/24dghwi39, urn:nbn:de:0183-24dghwi398

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/meetings/dghwi2024/24dghwi39.shtml

Veröffentlicht: 7. Februar 2024

© 2024 Kaulbert et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Seit Jahrzehnten steigt weltweit die Kaiserschnitt-(KS) Rate an. In Deutschland ist diese von 15,3% (1991) auf 30,9% (2021) gestiegen. Neben populationsbedingten Faktoren (z.B. Altersanstieg der Schwangeren) hängen auch nicht-medizinisch indizierte Faktoren (z.B. strukturelle Faktoren) mit dem Anstieg zusammen.

Ein Ansatz zur Begrenzung der nicht-medizinisch indizierten KS-Geburten ist die Einholung einer Zweitmeinung (ZM).

In Deutschland haben Versicherte bei ausgewählten Indikationen nach § 27b SGB V einen Anspruch auf eine unabhängige ärztliche ZM. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) prüfte 2021, ob die Indikation zum elektiven KS aufgrund einer möglichen Überversorgung und der Mengendynamik in die ZM-Richtlinie aufgenommen werden sollte. Zweifel an der Umsetzbarkeit eines geordneten ZM-Verfahrens aufgrund der Dynamik der Indikation führten dazu, dass die Aufnahme in die Richtlinie nicht empfohlen wurde.

Ziel/Fragestellung: Ziel dieser Studie ist es, durch Online-Befragungen von Gynäkolog*innen und Hebammen neue Erkenntnisse über die fachliche Sicht auf die Relevanz und Umsetzbarkeit der ZM-Einholung bei elektiven KS zu gewinnen.

Methodik: Für beide Berufsgruppen wurde auf Grundlage der aktuellen Literatur und durch die Konsultation von Expert*innen jeweils ein Fragebogen erstellt und ein Pretest durchgeführt. Die Befragungen wurden im Januar (Ärzt*innen) und Februar (Hebammen) 2023 mit LimeSurvey online gestellt. Niedergelassene Gynäkolog*innen und Hebammen wurden über verschiedene Wege (u.a. E-Mail-Verteiler, Berufsverbände, Social Media) zur Teilnahme eingeladen. Die Fragebögen beinhalten die Themengebiete Erfahrungen mit ZM im Kontext des elektiven KS, Einschätzungen zur Durchführbarkeit und soziodemographische Merkmale. Die Daten werden derzeit deskriptiv ausgewertet.

Ergebnisse: Die Fragebögen wurden von 167 Gynäkolog*innen und 297 Hebammen ausgefüllt. Von den Gynäkolog*innen wurden 52,7% (88/167) und von den Hebammen 58,2% (173/297) bereits für eine ZM zu Rate gezogen. 53,9% (90/167) der Gynäkolog*innen und 35,4% (105/297) der Hebammen verneinten die Frage, ob etwas gegen die Einholung einer ZM spreche. Es waren jedoch 33% (98/297) der Antworten der Hebammen ungültig, da sowohl ein Grund gegen die Einholung einer ZM als auch die Antwort „Es spricht nichts dagegen“ angegeben wurden. 24,6% (41/167) der Gynäkolog*innen und 37% (110/297) der Hebammen hielten ein strukturiertes ZM-Verfahren nach der ZM-Richtlinie bei elektiven KS für ein sinnvolles Instrument, um vermeidbare Eingriffe zu reduzieren. Dabei sahen 67,7% (113/167) der Gynäkolog*innen und 81,1% (241/297) der Hebammen die Dynamik der Indikation nicht als Hinderungsgrund an.

Relevanz: Die Ergebnisse zeigen, dass ZM bei Indikation zum KS bereits eingeholt werden. Insgesamt herrschen jedoch heterogene Meinungen zum Thema ZM und elektiver KS bei Gynäkolog*innen und Hebammen. Möglicherweise ist die ZM-Richtlinie, die u.a. die Hysterektomie betrifft, bei den Gynäkolog*innen bekannter als bei den Hebammen.

Empfehlung/Schlussfolgerung: Ein strukturiertes ZM-Verfahren (z.B. nach Richtlinie) scheint aus Sicht der Leistungserbringenden grundsätzlich sinnvoll, ob dies nach der ZM-Richtlinie erfolgen sollte, bleibt unklar.

Ethik und Interessenkonflikte: Es war nicht notwendig, die Forschungsarbeit einer Ethikkommission vorzulegen. Die Forschung wurde durch Eigenmittel finanziert. Es liegen keine Interessenkonflikte vor.